Rückenschmerzen
Allgemeine Info
Woher kommen Rückenschmerzen?
Rückenschmerzen sind das Volksleiden Nr. 1 in Deutschland. Fast jeder Mensch in Deutschland leidet mindestens 1x im Leben unter Rückenschmerzen. Ob Muskelverhärtung, Hexenschuss oder Bandscheibenvorfall – die Krankheitsbilder sind genauso vielfältig wie häufig.
Die Ursachen sind dabei ebenso verschieden wie die Behandlungsmöglichkeiten. Zu den häufigsten Ursachen gehören Stress, Bewegungsmangel und Bandscheibenvorfälle. Akute Schmerzen lassen sich in aller Regel gut sowie effektiv behandeln oder klingen schnell und ohne Behandlung ab.
Am häufigsten sitzen die Rückenschmerzen an der unteren Lendenwirbelsäule, oberhalb des Gesäßes. Aber auch die mittlere Wirbelsäule, die Brustwirbelsäule, oder die obere Wirbelsäule und die Halswirbelsäule können betroffen sein. Die Schmerzen können sich direkt mittig der Wirbelsäule oder seitlich befinden oder sie können ganz woanders zu spüren sein, nämlich im Arm oder Bein, obwohl sie trotzdem von der Wirbelsäule herrühren.
Rückenschmerzen werden je nach Dauer (akut oder chronisch), nach Lokalisation sowie nach Ursache (spezifisch oder unspezifisch) in nicht-spezifische und spezifische Rückenschmerzen eingeteilt.
Nicht-spezifische Rückenschmerzen:
Es sind die am häufigsten, aber auch die, die am schwierigsten zu „erklären“ sind. Bei ihnen lassen sich keine Hinweise auf eine einzelne speziell zu behandelnde Ursache feststellen. Das heißt, der Rücken leidet bis auf Weiteres „nur“ unter verspannten, verkürzten und überdehnten Muskeln. Es gibt hier keine speziellen Schäden am Rückgrat und keine andere Krankheit mit Bezug zum Rücken oder mit Schmerzausstrahlung in den Rücken, die zu erkennen ist. Verspannungen können sehr schmerzhaft und mannigfaltig sein, da sie in andere Körperareale ausstrahlen können (referred pain). Dies kann dann durch Einnehmen einer unbewussten Schonhaltung zu noch mehr Schmerzen und Blockierungen von Wirbelsäulensegmenten führen.
Oft führt dies zu Lebensqualitätsverlust, Rückzug und Depressionen. Daher müssen sie richtig behandelt werden. Gut ist aber, dass sie nicht gefährlich sind.
Spezifische Rückenschmerzen:
Bei spezifischen Rückenschmerzen ist das hingegen der Fall. Auslösend können Rückenleiden selbst sein, sowie andere Erkrankungen, die den Rücken mit einbeziehen. Spezifische Rückenschmerzen können von einem Bandscheibenvorfall, von Spinalkanalstenosen, von Gleitwirbeln (Spondylisthesis), von Wirbelsäulenentzündung (Morbus Bechterew), von Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose) und vielem mehr kommen. Aber auch Erkrankungen außerhalb der Wirbelsäule können Rückenschmerzen verursachen.
Sekundäre Rückenschmerzen:
Andere primäre Erkrankungen sind ursächlich für die Rückenschmerzen. Es können von Herz-, Lungen-, Gefäß-, Pankreas-, Leber- oder Nierenerkrankungen zum Rückenschmerz führen.
Die Einteilung in „nicht-spezifisch“ (oder auch unspezifisch) und „spezifisch“ finden nicht alle Experten immer glücklich. Sie hilft aber, die Vielzahl von Rückenschmerzen ein wenig zu sortieren und hilft dem behandelnden Arzt, über eventuelle weitere Untersuchungen zu entscheiden.
Auch die Lokalisation des Schmerzes ist für die Diagnostik und Therapie wichtig:
- Unterer Rücken, Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS), Becken: Am häufigsten betreffen Rückenschmerzen den unteren Rücken und das Becken (LWS und Iliosakralgelenke), die auch am stärksten belastet ist. Hier kommt es zum Beispiel häufig zu Muskelverspannungen, Verklebung der Faszien, aber auch zu Bandscheibenvorfällen. Im Beckenbereich spielen mitunter spezielle entzündliche Veränderungen oder Blockaden eine Rolle.
- Mittlerer Rücken: Rückenschmerzen auf mittlerer Höhe der Wirbelsäule können ebenfalls durch Muskelverspannungen, Skelettverformungen (z. B. Skoliose), ausgelöst werden. Bandscheibenvorfälle treten hier sehr selten auf.
- Oberer Rücken/Nacken: Schmerzen in der Nackenregion entstehen häufig durch eine ungünstige Körperhaltung beim Arbeiten am Schreibtisch. Es kommt zu Muskelverspannungen und -verhärtungen. Möglich, wenn auch seltener als im Lendenwirbelbereich, sind an der Halswirbelsäule (HWS) unter anderem entzündliche Lockerungen mit Bandscheibenvorfall. Nackenschmerzen strahlen oft in den Hinterkopf, in die Schulter oder in den Arm aus. Ausstrahlenden Schmerzen können auf einen Bandscheibenvorfall hindeuten, rühren aber am häufigsten von Muskelverspannungen her. Es kann auch zu Schwindelgefühl kommen.
Neben der körperlichen Ursache für Rückenschmerzen gibt es auch einen seelischen Einfluss auf unser Schmerzerlebnis. Häufig machen sich Stress oder Angst bei Rückenschmerzen bemerkbar.
Leiden Sie unter spezifischen Rückenschmerzen? Unsere Schmerz-Experten/innen begleiten Sie und unterstützen Sie in den weiteren Therapiemöglichkeiten.
SYMPTOME UND ANZEICHEN
Wie läuft die Diagnose ab?
Für eine Diagnosestellung ist unter anderem eine genaue Beschreibung des Schmerzens sehr wichtig. Ihr Arzt wird Sie nach der Stärke des Schmerzes (auf einer Skala von 0 – 10) sowie der Qualität des Schmerzes fragen. Mit der Qualität des Schmerzens ist gemeint, wie sich der Schmerz anfühlt: ist er dumpf oder stechend, brennend oder pochend usw.
Die Lokalisation des Schmerzes und der Zeitpunkt des Auftritts sind ebenfalls sehr wichtig. Ist der Scherz fortwährend da oder nur abends? Strahlt er aus oder bleibt er immer an derselben Stelle?
Bedeutend für eine Diagnose ist auch, wie stark der Schmerz den Alltag beeinträchtigt. Behindert der Schmerz einen normalen Alltag oder stört er nur ab und zu, wenn man etwa zu viel Gartenarbeit gemacht hat? All das sind wichtige Informationen, die dem Arzt weiterhelfen.
Nach der Befragung kommt die körperliche Untersuchung. Der Arzt wird sowohl die Wirbelsäule als auch die Muskeln am Rücken untersuchen. Strahlt der Schmerz aus, werden auch die betroffenen Regionen, z. B. Extremitäten wie Arme oder Beine, untersucht.
Abhängig vom Untersuchungsergebnis entscheidet der Arzt, ob eine weitere Untersuchung in Form einer Bildgebung (Ultraschall, Röntgen, CT oder MRT) notwendig ist oder nicht. Hier gibt es auch zu bedenken, dass eine Bildgebung nur Sinn macht, wenn daraus Konsequenzen für das weitere Vorgehen folgen. Eine Notwendigkeit wird Ihr Arzt ausführlich mit Ihnen besprechen.
Was sind die typischen Symptome bei krankheitsbedingten Rückenschmerzen?
Da Rückenschmerzen viele verschiedene Ursachen haben können, ergibt sich auch ein weites Spektrum an Symptomen, welche sich häufig trotz unterschiedlichster Ursachen gleichen. Nicht alle Rückenschmerzen sind ursächlich in gefährlichen Krankheitsbildern, die einer ärztlichen Behandlung bedürfen.
In den meisten Fällen treten Rückenschmerzen als Folge von Muskelverspannung, Bewegungsmangel und Fehlhaltungen auf. Sie können aber auch als Symptom einer Grunderkrankung bzw. einer krankhaften Veränderung auftreten (Wirbel-Blockaden, Bandscheibenvorfall, Osteoporose oder Erkrankung der inneren Organe, z. B. Nierenbeckenentzündung).
Rückenschmerzen werden häufig von weiteren Beschwerden begleitet. Die individuellen Beschwerden und die empfundene Einschränkung können dabei variieren.
Typische Begleiterscheinungen von Rückenschmerzen:
- eingeschränkte Beweglichkeit
- plötzlich stechender Schmerz oder Muskelschmerzen
- Muskelverspannungen
- Abgeschlagenheit
- morgendliche, eingeschränkte Beweglichkeit
- Lähmungserscheinungen in den Beinen oder Armen
- Schwächegefühl
- Kribbeln
- Probleme, sich gerade aufzurichten
Leiden Sie unter spezifischen oder anhaltenden Rückenschmerzen? Unsere Schmerz-Experten/innen begleiten Sie und unterstützen Sie in den weiteren Therapiemöglichkeiten.
Therapie und Behandlungen
Was tun bei Rückenschmerzen?
Die gute Nachricht ist, dass es sehr viele Therapien bei Rückenschmerzen gibt. Da Rückenschmerzen viele verschiedene Ursachen haben können, ergibt sich auch ein weites Spektrum an Behandlungen. Diese können in 2 Kategorien aufgeteilt werden: Was kann der Arzt tun und was kann ich selber tun?
Medikamentöse Behandlung
Bei sehr starken Rückenschmerzen kann eine medikamentöse Behandlung in Frage kommen. Es kann sich um Medikamente handeln, die nur bei Bedarf eingenommen werden, wenn der Schmerz zu stark wird. Oder es können Medikamente sein, die täglich zu festen Zeitpunkten eingenommen werden müssen. Das hängt alles davon ab, wie stark und beeinträchtigend der Schmerz ist.
Oft reicht es bereits, die Medikamente für eine kurze Zeit zu nehmen, und sie dann wieder abzusetzen. Zum Beispiel können bei einer verspannten Muskulatur Medikamente zur Muskelentspannung behilflich sein. Solche Medikamente sollen nur kurzfristig eingenommen werden.
Nicht-medikamentöse Behandlung
- Krankengymnastik: Bei vielen Rückenschmerzen ist die Krankengymnastik von großer Bedeutung. Es geht darum, die Rückenmuskulatur zu lösen, zu dehnen und gleichzeitig zu stärken. Ein starker Rücken schützt vor Rückenschmerzen. Deswegen ist es auch wichtig, in Bewegung zu bleiben und sich nicht – oder nur für eine sehr kurze Zeit – hinzulegen. Das Ziel der krankengymnastischen Behandlung ist es, die Rückenschmerzen zu reduzieren und den Patienten so fit zu machen, dass er von alleine weiter trainieren kann.
- Gezielter Sport: Viel Bewegung und regelmäßiger Sport sind bei Rückenschmerzen sehr wichtig. Sportarten, die das verspannte und verhärtete Gewebe dehnen und lockern, wie zum Beispiel Yoga, sind sehr empfehlenswert. Am wichtigsten ist es jedoch, dass der Sport Spaß macht.
- Akupunktur: Akupunktur kann bei Rückenschmerzen gut eingesetzt werden. Bei chronischen Rückenschmerzen (Dauer über 6 Monate) übernimmt die Krankenkasse die Kosten.
- Mesotherapie
- Ozontherapie
- Einsatz von Blutegeln: Bei starken Muskelverspannungen kann eine Blutegeltherapie helfen, die verspannten Muskelknoten zu lösen.
- Schröpfen: Bei Muskelentspannungen kann Schröpfen helfen, die verspannten Muskeln langfristig zu lockern.
- Fasten: Im Fall von chronischen Rückenschmerzen ist eine Fastenkur oft sehr hilfreich.
- Stoßwellen: Falls die Beschwerden von einem verspannten Muskulus Piriformis (Piriformis-Syndrom) stammen ist eine Stoßwellen-Therapie sehr hilfreich.
- Manche Krankenkassen ermöglichen es, an einem Programm der Integrierten Versorgung bei Rückenschmerzen teilzunehmen. Hier geht es in erster Reihe darum, zu verhindern, dass die Rückenschmerzen sich so verschlimmern, dass eine Operation notwendig wird.
In bestimmten Fällen, in denen eine eindeutige Ursache für den Rückenschmerz zu finden ist, ist eine Überweisung zum Neurochirurgen indiziert. Es gibt mittlerweile viele minimal-invasive Verfahren, die bei Rückenschmerzen gut helfen können.
Schmerzen im Fokus der Medizin – Ein Beitrag zu Rückenschmerzen und deren Behandlung im Rahmen der IVR (Integrierte Versorgung Rücken) zur OP-Vermeidung in der „hessenschau“ mit Dr. med. Gabriele Müller.
Quelle: © Hessischer Rundfunk 2013
Weitere Filme und Audiodateien zu verschiedenen Behandlungen und Erkrankungen finden Sie hier.